• „Enormes Einsparpotenzial“
    Wärmegewinnung mit Grubenwasser

Heizen mit Grubenwasser? Das hat Zukunft, finden die Stadtwerke. Großkundenbetreuer Ralf Wienkotte erklärt, warum diese Form der Wärmegewinnung jede Menge klimaschädliches Treibhausgas einspart – und zugleich das Budget der Kunden entlastet.
 

Foto: Marcel Kusch
Großbaustelle

Ralf Wienkotte auf dem Gelände von Mark 51°7.

Herr Wienkotte, die Ära des Bergbaus hat dem Ruhrgebiet eine Jahrhundertlast beschert: Grubenwasser, das Tag und Nacht abgepumpt werden muss, um Tagesbrüche zu vermeiden. Dieses Erbe birgt aber auch Potenzial, oder?

In der Tat. Jahrelang wurde das abgepumpte Grubenwasser ungenutzt in Seen oder Flüsse geleitet. Dann aber erkannte man: Das ist auf Dauer nicht nur unschön für die Natur, sondern verschenkt auch Energie. Denn das Wasser, das da permanent aus der Tiefe gefördert wird, ist warm. Es eignet sich zum Heizen.

Wie funktioniert das?

Wir sprechen hier von einer Form der Geothermie, also der Nutzung von Erdwärme. Dafür wird das Wasser aus den stillgelegten Stollen gepumpt und in sogenannte Niedertemperaturnetze eingespeist. Die Wärmeenergie wird dann entweder direkt genutzt, zum Beispiel für Fußbodenheizungen, oder eine Wärmepumpe hebt die Temperatur auf das benötigte Niveau an. Je wärmer das Wasser, desto effizienter ist dieser Prozess: Grubenwasser erreicht leicht Temperaturen von 20 bis 30 Grad – ganzjährig. Eine Wärmepumpe, die etwa Umgebungswärme aus der Luft nutzt, kann da kaum mithalten. 

Die Stadtwerke haben bereits vor neun Jahren mit der Wärmegewinnung aus Grubenwasser begonnen – an der Zeche Robert Müser. Mit Mark 51°7 läuft nun ein zweites, deutlich größeres Projekt an. Warum treiben Sie dieses Thema so voran?

Nachhaltiger zu werden, ist eine der drängendsten Aufgaben unserer Gesellschaft. Als Energieversorger wollen und müssen wir einen Beitrag dazu leisten, dass unsere Welt auch für die nächsten Generationen lebenswert ist. Die Investition in regenerative Energien ist ein wesentlicher Baustein dafür – und im Revier liegt der Blick in die Tiefe einfach nahe.

 

»Im Revier liegt der Blick in die Tiefe einfach nahe.«

Tiefenwärme

Wie mithilfe der ehemaligen Zeche Robert Müser Gebäude beheizt werden.


Von welchen Vorteilen profitieren Kunden, die Wärme aus Grubenwasser beziehen?

Das Hauptargument ist sicher die Ökobilanz: Wer sein Unternehmen zukunftsweisend aufstellen will, kommt an diesem Thema nicht vorbei. Zudem gibt es immer mehr Vorgaben durch den Gesetzgeber, in der Wohnungswirtschaft zum Beispiel in Form des Gebäudeenergiegesetzes. Grubenwasser punktet hier mit enormem Einsparpotenzial: Konventionelle Wärme aus Erdgas schlägt mit ca. 220 Gramm CO2 pro Kilowattstunde zu Buche. Mit unserem Konzept auf Mark 51°7 sinken die Emissionen auf etwa 140 Gramm/kWh bei der Wärmeerzeugung.

Und was kostet die „grüne“ Wärme?

Dank Fördermitteln können wir die Wärme aus der Grube zu marktgerechten Preisen anbieten. Auf lange Sicht sparen die Kunden sogar: wegen der CO2-Steuer. Das Ganze ist also gut für die Umwelt und den Geldbeutel – und kommt natürlich im gewohnten Rundum-sorglos- Paket: Wir liefern fertige Wärme direkt so ins Haus, wie der Kunde sie benötigt.

Foto: Arnold Paul/ CC-BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)
Bergbau-Relikt

Schachtgerüst der ehemaligen Zeche Robert Müser in Bochum.

 

Energie aus der Grube

1968 fuhr die Zeche Robert Müser in Bochum-Werne ihre letzte Schicht – 44 Jahre später begannen die Stadtwerke, dem 20° C warmen Wasser aus der Tiefe die Wärme zu entziehen. Zwei Schulen und die Hauptwache der Feuerwehr heizen seitdem klimafreundlich mit Grubenwasser. Derzeit werden neue Grundstücke rund um die Zeche erschlossen, die dann ebenfalls mit dieser Wärme versorgt werden könnten.

Was mit Robert Müser begann, findet auf dem früheren Opel-Gelände Mark 51°7 eine Fortsetzung in neuer Dimension: Die Stadtwerke-Tochter FUW plant ein innovatives Niedertemperaturnetz, das mit Grubenwasser gespeist wird. Denn die neuen Industrie- und Gewerbeflächen stehen über der ehemaligen Zeche Dannenbaum. „Auf der achten Sohle ist das Wasser 30 Grad warm“, erklärt Stadtwerke-Experte Ralf Wienkotte. Bei Bedarf heben mit Ökostrom betriebene Wärmepumpen die Temperatur weiter an. Auch Kälte kommt auf Mark 51°7 übrigens aus dem Untergrund. Dafür wird das in 300 Metern Tiefe nur 18 Grad warme Wasser dann mittels Wärmepumpe, wie in einem Kühlschrank, auf 10° C heruntergekühlt und dem Kunden – bei Bedarf – zur Raumkühlung geliefert. Der Bund fördert das Vorzeigeprojekt mit insgesamt 9,6 Millionen Euro.

Erschienen im Geschäftskundenmagazin ener.go 1/21

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